top of page
Suche
  • AutorenbildSophie

Chiang Mai

Diese Stadt bietet ihren Besuchern eine Menge Erlebnisse aller Art. Und da unser Visum schon in einer Woche abläuft, stürzen wir uns hinein und versuchen so viel zu sehen, wie nur möglich.

Zunächst einmal begrüßt uns Chiang Mai mit üppiger Vegetation und den dazugehörigen, regelrecht epischen Regenfällen. Wir sitzen in einem kleinen Lokal, schlagen uns die Bäuche voll mit dem herrlichsten Thai-Food und sehen rund um uns herum die Welt untergehen.




Sturzbäche fluten die Straßen, so dass selbst die hartgesottenen Rollerfahrer, die hier eigentlich bei jedem Wetter mit robusten Ponchos herumdüsen, absteigen müssen. Für eine Zeitlang ist hier kein Durchkommen mehr. Die Ratten und Mäuse verlassen die Kanalisation, um nicht darin zu ertrinken, laufen quer durch das Lokal und verkriechen sich in den Büschen dahinter. Aber wir haben genügend Essen bestellt um den Regen gut versorgt auszusitzen.




Auf zum Tempel über der Stadt


Wie so oft sind die Regenfälle kurze Intermezzi im Tagesablauf, es wird bald schon wieder trocken und Zeit für uns, nun ebenfalls auf einen Motorroller zu steigen. Wir wollen zum Wat Phra That Doi Suthep fahren, einem Tempel mit goldenem Chedi, der auf über 1000 Metern liegt, wo es angenehm kühl ist und man einen schönen Blick auf die Stadt hat.


Die Maske ist draußen keine Vorschrift, aber sehr tauglich als Schutz gegen die Abgase während der Fahrt.

Auf dem Weg zum Tempel geraten wir in eine Verkehrskontrolle und der sehr nette Polizist muss leider feststellen, dass Lutz keinen internationalen Führerschein hat. Es werden 1000 Baht Strafe bar auf die Hand fällig – etwa 27 Euro, womit unser Vergehen aber auch abgegolten ist und wir einen wahrhaftigen Freifahrtschein erworben haben. Nach Aussage des Polizisten dürfen wir nämlich die kommenden 10 Tage fröhlich weiter ohne den nötigen Führerschein fahren, dafür kritzelt er uns einige kryptische Worte auf unseren Strafzettel. Die Strafsumme hält er freilich nicht fest. Im Netz kann ich am Abend desselben Tages lesen, dass die maximale gesetzliche Strafe für unser Vergehen bei 200 Baht liegt. Den Rest dokumentieren wir unter Entwicklungshilfe, und hoffen, dass das Geld im besten Fall der Familie unseres netten Gesetzeshüters zu Gute kommt.



Wir düsen also weiter die sich windende Straße durch den dichten Regenwald zum Fuß des Tempels hinauf. Dort angekommen geht es noch eine 300-stufige Treppe zwischen zwei eindrucksvollen Schlangen (Nagas) hinauf zum Eingang des Tempels. Der ist übrigens nicht nur wegen seiner schönen Lage und dem strahlend goldenen Chedi berühmt, sondern hauptsächlich, weil dort eine Reliquie des Buddha liegen soll, sein Schulterblatt, wenn ich richtig informiert bin. Die Buddhisten präsentieren ihre Reliquien allerdings nicht offen wie es in den katholischen Kirchen üblich ist, sondern mauern sie im Inneren der Chedi- und Prang-Türme auf dem Tempelgelände ein. Man muss also schon glauben, in der Präsenz eines Stückchen von Buddha beten zu können.



Mittlerweile kennen wir die Regeln schon ganz gut, wenn wir Tempel besuchen tragen wir immer lange Hosen, es gibt natürlich keinen Ausschnitt und meine Schultern sind bedeckt. Wir umrunden den Chedi im Uhrzeigersinn, halten unseren Kopf niedriger als den der Buddhastatuen und setzen uns in Gebetsräumen immer so ab, dass unsere Fußsohlen vom Buddha weg zeigen. Aber die Thais sind oftmals recht langmütig mit den Touristen, so dass auch hier um uns herum viel nackte Haut zu sehen ist und ein Pärchen macht Knutschfotos für Instagram oder das Urlaubsalbum neben den Gongs.



Auf der Rückfahrt vom Tempel machen wir noch einen Zwischenstopp bei einem Shopping Center und kommen in den Genuss, ein Motorrad-Parkhaus kennen zu lernen. Sehr sinnvoll in einem Land, in dem gefühlt jede Familie eines hat und meist auch gemeinsam darauf unterwegs ist.



Der Tag endet mit leckerem Essen am Nachtmarkt und der Vorfreude auf den nächsten Tag, an dem wir zum Elefantenschutz-Zentrum fahren werden.



Bei den alten Elefantendamen


„Elephant Nature Park“ heißt das Projekt, für das wir uns entschieden haben. In Chiang Mai gibt es gefühlt hunderte Elefantencamps, wo man die Tiere sehen, füttern, mit ihnen baden oder sogar auf ihnen durch den Wald reiten kann. Einige dieser Aktivitäten sind aber nicht wirklich tierfreundlich, allen voran das Reiten, das den Tieren Rückenprobleme verursacht. Aber auch zu viel angefasst werden und für Fotos mit Touristen posieren zu müssen, kann für die Elefanten Stress bedeuten, gegebenenfalls werden sie auch gezielt für diese Aktivitäten trainiert (oder abgerichtet?) und vermutlich bestraft, wenn sie sich daneben benehmen.


Wir wollen sichergehen, dass wir mit unserem Besuch nicht zu noch mehr Leid beitragen und entscheiden uns für ein Projekt, in dem es kein Reiten, Baden, Füttern oder Anfassen der Elefanten gibt. Man kann die Tiere aus der Ferne oder Nähe ansehen und ihr Sozialverhalten beobachten, weil sie sich auf der Fläche des Parks frei bewegen dürfen. Keiner der über 100 Elefanten ist angekettet, es gibt auch keine Mauern zwischen den Elefanten und den Besuchern. Jeder Elefant hat auch hier seinen persönlichen Elefantenführer, den Mahut, zu dem ein Vertrauensverhältnis besteht. Im Elephant Nature Park haben die Mahuts keine Eisenstangen mit Widerhaken oder ähnliches mittelalterliches Gerät. Stattdessen hängen sie irgendwo in der Nähe der Tiere im Schatten in Hängematten herum, und nur wenn ein Elefant nervös wird oder deutlich zu nahe an einen Touristen herankommt, sagt der Mahut ein, zwei kurze Worte zu dem Tier – und der Elefant wendet sich wieder ab.




Es handelt sich bei den Elefanten hier natürlich auch um echte Veteraninnen, meist um wahre Greisinnen, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet haben, und die nun in ihrem Ruhestand endlich etwas Frieden genießen dürfen. Diese alten Damen interessieren sich nicht übermäßig für die Besucher, sondern viel mehr für die hin und wieder auf dem Gelände ausgelegten Leckerbissen wie Zuckerrohr und Obst. Ansonsten beschäftigen sie sich mit ihren engsten Freundinnen aus der Gruppe oder mit Hautpflege – erst nimmt man ein Bad im Fluss und später ein ausgiebiges Schlammbad. Das eine entlastet die alten Knochen und Gelenke, das andere schützt die empfindliche Haut vor Sonne und Insekten.



Ihre Lebensgeschichten sind freilich herzzerreißend. Wir sind mit einer Führerin auf dem Gelände unterwegs die alle Elefanten beim Namen kennt und uns ihre Vita erzählt. Da gibt es einige, die von ihren früheren Elefantenführern geblendet wurden, um sie gefügiger zu machen. Alle haben unzählige Narben auf der Haut von den vielen Stockschlägen und den Widerhaken der Mahuts in den Arbeitscamps. Viele haben gebrochene und schief verheilte Wirbelsäulen und Beine, die einen vom Touristen-Herumtragen, die anderen von Zwangspaarungen mit schweren Elefantenbullen. Und eine Elefantin mit Beinprothese ist im Dschungel auf eine Landmine getreten.



So sind die meisten alten Damen blind und halb lahm, ab 60 sind sie dann auch noch zahnlos und müssen mit Früchte- und Reisbrei gefüttert werden. Die Zahnlosigkeit ist allerdings ausnahmsweise nicht die Schuld der Menschen: Elefanten bilden alle 10 Jahre neue Backenzähne, denn das harte Grünzeug, von dem sie sich ernähren, schleift die Zähne ab. Allerdings sind nur sechs neue Zahnsätze angelegt, so dass sie etwa ab 60 kaum noch feste Nahrung kauen können. In der Wildnis sterben Elefanten daher etwa in diesem Alter. Aber im Nature Park erfreuen sich ein paar Greisinnen wahrhaft biblischen Alters (eine Dame soll tatsächlich über 100 Jahre alt sein) noch ihres Lebens, dank Bananen und Reiskuchen, die ihnen aus der Hand gefüttert werden.



Ich spreche immer nur von Elefantendamen, und das stimmt auch. Im Camp gibt es fast nur weibliche Elefanten. Wir erfahren, dass männliche Tiere nur eingeschränkt zur Arbeit taugen. Vor ihrer Pubertät kann man sie erziehen und einsetzen, aber sobald sie anfangen zu pubertieren, wird es gefährlich. Ähnlich wie Menschen kommen männliche Elefanten in ihren Teenager-Jahren in die Pubertät, und damit verbunden in einen Zustand, der „Musth“ genannt wird. Ausgelöst durch einen Testosteron-Schub sind Elefantenbullen in der Musth ausgesprochen aggressiv und werden von der Herde gemieden – mit Ausnahme der paarungswilligen Weibchen. Im Elephant Nature Camp gibt es daher auch nur wenige männliche Elefanten und sie werden von den weiblichen Tieren isoliert. Wir hörten jedoch einen aus der Ferne rufen und das klang tatsächlich ausgesprochen bedrohlich, wie eine Mischung aus Hirsch in der Brunft und Jurassic Park.


Daher wurden und werden männliche Elefanten hauptsächlich zur Nachzucht eingesetzt, die Damen hingegen müssen arbeiten, früher vor allem im Wald, wo sie gefällte Tropenhölzer zu Flüssen schleppten, wo sie auf Transportschiffe verladen werden konnten. Die Abholzung wurde in Thailand 1989 verboten, daher arbeiten die Elefanten heute im Tourismus, wo sie Besucher herumtragen oder anderweitig erheitern sollen. Das Elephant Nature Camp würde am liebsten alle Elefanten aus ihren „Jobs“ befreien, aber die Tiere sind teuer und die Inhaberin des Parks kann es sich nicht leisten, junge Elefanten freizukaufen. So oft es eben geht, erwirbt sie daher all die alten abgearbeiteten Damen, die sie bekommen kann, um ihnen einen angenehmen Lebensabend zu ermöglichen.



Hin und wieder bekommt sie auch einmal jüngere Tiere angeboten, diese meist arbeitsunfähig und krank, die sie dann aufpäppelt und pflegt. Und da eine Elefantenschwangerschaft zwei Jahre dauert, geschieht es auch hin und wieder, dass eine Elefantin trächtig ins Camp kommt. Ein paar Babys zeugen davon im Camp. Und bei den Baby-Elefanten wird es für die Besucher knifflig.



Diese glücklichen Geschöpfe wurden nie von Menschen angekettet, gequält oder misshandelt und haben daher keinerlei Berührungsängste, dafür aber eine große Neugierde und einen noch größeren Spieltrieb. Die zotteligen Biester mit ihrem etwa irrem Blick und ihren tapsigen Bewegungen sind wirklich ausgesprochen lustig und niedlich – aber sie wiegen bei ihrer Geburt schon 100 Kilo und da sie jeden Tag bis zu 200 Kilogramm Nahrung in sich hineinstopfen wird es schnell mehr.


Das beliebteste Spiel der kleinen Elefanten im Nature Park heißt „Erschrecke den Touristen“ und besteht darin, sich möglichst überraschend und schnell auf die Besucher zuzubewegen (gerne auch von hinten) und zu schauen, wann und wie die Besucher darauf reagieren. Es geht immer gleich aus: die Touristen laufen natürlich davon. Wenn sich mehrere hundert Kilo rasant auf einen zubewegen, dann ergibt sich diese Reaktion ganz natürlich von selbst. Für das Elefantenbaby ist das offensichtlich ein riesiger Spaß. Da kann der Mahut sagen, was er will – die kleinen Elefanten jagen die Touristen bei jeder Gelegenheit, die sich bietet.



Also sind wir alle in der Nähe der Babys besonders aufmerksam und sehen uns ständig um. Es erscheint merkwürdig, aber obwohl die Tiere riesig sind und bis zu 3 Tonnen wiegen, sind ihre Schritte quasi geräuschlos, und so kann sich auch ein erwachsener Elefant mühelos von hinten an uns anschleichen. Die Babys sind etwas rumpeliger, aber eben auch agiler, und wir müssen ihnen nicht nur ständig ausweichen, sondern auch gut darauf aufpassen, dass wir dabei nicht zwischen ein Baby und seine Mutter oder Tante geraten. Denn dann werden auch die alte Elefantinnen aktiv, um das Kleine zu beschützen und es rollen einige Tonnen Gewicht erstaunlich schnell auf einen zu.



An unserem Tag im Park treffen wir auch die Gründerin des Projekts, eine kleine, zierliche Dame namens Lek, und können sie dabei beobachten, wie sie mit den Elefanten interagiert. Die Tiere kennen sie offensichtlich alle gut und sie scheint ausgesprochen beliebt zu sein. Von den Babys wird sie ebenfalls nicht gejagt, sondern freundlich mit dem Rüssel beschnuppert und betastet.



Abgesehen von den Elefanten rettet Lek auch sonst noch sämtliches Getier, das sie bekommen kann, und so laufen auf dem Gelände noch unzählige Wasserbüffel, ein paar Schweine und zig Hunde und Katzen herum. Nicht alle scheinen so fröhlich und dankbar wie die Elefanten.



Der „Sticky Waterfall“


Eine etwas merkwürdige Besonderheit der Gegend um Chiang Mai ist der sogenannte „sticky waterfall“, eigentlich Bua Tong Waterfall, etwa eine Stunde entfernt von der Stadt. Hier erleben wir etwas, das wir so noch nicht kannten.


An der Quelle
Hier stehen gleich mehrere Geisterhäuschen

Ein Flüsschen fließt hier munter von seiner tiefblauen Quelle den Hügel hinab, über mehrere Staustufen, die kleine Wasserfälle erzeugen. Das sandfarbene kalkhaltige Sediment bildet blasige Kaskaden, die aus der Ferne glatt und glitschig erscheinen. Steigt man jedoch mit nackten Füßen darauf, entpuppt sich die erwartete Rutschbahn als ausgesprochen griffig und fest unter den Sohlen. Man fühlt sich regelrecht angesaugt von der Oberfläche, kann den Fuß beispielsweise auch nicht mit wenig Druck nach vorne oder hinten schieben oder gleiten lassen. Selbstverständlich kann man den Fuß wieder anheben, das ist hier kein Zauber oder Magnet, aber das Gestein ist eben genauso rau und griffig, dass man selbst im ständig fließenden Wasser und auf abschüssigen Stellen einen ausgesprochen sicheren Stand hat.



Und so kann man mühelos zu Fuß durch die kleinen Wasserfälle der Strömung entgegen nach oben laufen. So muss sich ein Gecko fühlen, wenn er die Wände hochläuft. Unsere Superheldenstimmung wird kaum getrübt von den andauernden Regenfällen, die unseren Besuch am sticky waterfall begleiten. Nur das Outfit ist etwas weniger formschön als sonst.



Und wer sich jetzt fragt, wann den endlich der Kochkurs kommt - tja, nicht in diesem Artikel. Der wird sonst nämlich zu lang. Dafür dreht sich der nächste dann nur um den Kochkurs und das leckere Thai-Food. Inklusive Rezepte! Das verspreche ich hier mal ganz nonchalant, während der Artikel noch nicht einmal geschrieben ist.


Nebenbei: Das hier ist für uns mittlerweile so richtig exotisches Essen!

85 Ansichten1 Kommentar

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Krank auf La Palma

bottom of page