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  • AutorenbildSophie

No program, no stress

Vivis Welt


Vivi hat mal in Athen gearbeitet, direkt nach ihrem Elektroingenieurs-Studium, für einige Jahre. Guter Job, gutes Geld. Aber der Stress! Der Stress hat ihr den Brustkorb gequetscht, sie konnte nicht mehr frei atmen, sie hat hingeschmissen. Dann ging sie zurück in ihr Heimatdorf, nach Zaros auf Kreta, und hat ein Restaurant eröffnet. Seitdem ist ihre Devise: no program, no stress. Sie plant ihre Tage nicht durch, setzt sich keine Termine, und die Arbeit erledigt sie dann wenn sie anfällt.


Seitdem ist sie glücklich, erzählt Vivi uns. Und seitdem hat sie ein kleines dörfliches Imperium aufgebaut: ein Restaurant, mehrere Ferienwohnungen, Töpferseminare bietet sie an und eben auch Kochkurse. Und da kommen wir ins Spiel.



Lisa und Bernhard hatten Vivis Kochkurs als Geheimtipp in einem Reiseführer aufgetan. Zaros ist der einzige Ort bisher, den wir tatsächlich nicht öffentlich mit dem Bus erreichen können, wir springen in den Mietwagen und gondeln über Landstraßen in das Dorf. Hier gibt es ein paar Läden, Vivis Restaurant, einen tollen Bergblick und eine Forellenzucht. Außerdem eine große Mineralwasserfabrik und eine Schlucht, die wir erleichtert bewandern nachdem Vivi uns zum ersten Mal kulinarisch verwöhnt hat. Ihre Technik: sie stellt solange Platten voller Essen vor uns hin, bis das Esstempo merklich nachlässt. Vielleicht hört sie uns auch durch die Türen des Restaurants leise stöhnen.


Schluchtensteig


Nach fünf Gängen sind wir auf jeden Fall reif für eine Tour durch die herrliche Zaros-Schlucht, die sich steinig hinaufschlängelt bis zu einer kleinen Kapelle. Wiederholt darf man jetzt im Frühjahr seine Geschicklichkeit beweisen beim Sprung über den kleinen Fluss, der noch viel Wasser hat. Der Weg scheint jedenfalls mutwillig konstant von der einen auf die andere Flussseite zu wechseln. Die Wände der Schlucht: steil. Die Ziegenkadaver: zahlreich. Eben eine typisch kretische Schlucht.



Nach vier Stunden Schluchtensteig sind wir körperlich wieder in der Lage an Essen zu denken und gönnen uns jeder eine zarotische Forelle, deren Kollegen sich währenddessen munter im benachbarten Frischwasserbecken tummeln.


Kochen mit Vivi


Am nächsten Tag sind wir dann dran. Unter Vivis Aufsicht und mit der Unterstützung von Foufou, die zwar nur griechisch spricht, aber in der Küche definitiv das Sagen hat, bereiten wir ein komplettes Menü mit griechischer Hausmannskost zu.


Vivi und ein Teil der von uns zubereiteten Delikatessen

Unermüdlich wuselt Vivi von einem zum anderen, gibt Anweisungen, lacht laut und meckernd, beantwortet Fragen, erklärt Zutatenlisten („die Türken machen so, die Griechen so“ oder „die Athener machen so, die Kreter so“), man kommt kaum mit beim Aufschreiben und alles wird parallel zubereitet. Am Ende entstehen in gerade einmal zwei Stunden: Tzatziki, Moussaka, Souzukakia (zigarrenförmige Fleischbällchen, interessanterweise gewürzt mit einer Prise Anis), gefüllte Gemüse, gefüllte Weinblätter und für den Nachtisch eine Baklava aus Filoteig mit mehreren Lagen Teig, Nüssen und nach dem Backen komplett getränkt in Zuckersirup. Dazu wird uns beim anschließenden Festmahl noch Eis gereicht.



Nach alledem haben wir dermaßen Schlagseite, dass wir den Nachmittag nur noch abliegen und verdauen. Es folgt der letzte Abend mit Lisa und Bernhard, den wir in Zaros unter dem Sternenhimmel auf der Dachterrasse verbringen. Lisa und ich kippen noch ein, zwei Raki (natürlich in Plastikflasche in der Unterkunft bereits vorrätig) und wir alle lauschen den schiefen Gesängen der Gemeinde in der Dorfkirche, die aus unerfindlichen Gründen per Lautsprecher den gesamten Ort beschallt.


Nach dem Essen: bewegungsunfähig, aber mit schönem Bergblick

Am nächsten Morgen trennen wir uns nach dem letzten gemeinsamen Frühstück in Zaros (auch nach dem Frühstück wird Raki gereicht), Lisa und Bernhard fahren zum Flughafen von Heraklion, Lutz und mir steht der Sinn nach Peace and Love. Wir steigen in den Bus nach Matala, wo die Hippies in den 1960er Jahren in Felshöhlen am Strand lebten. Aber unsere ganze Liebe begleitet natürlich Lisa und Bernhard auf ihrer Heimreise nach Freiburg nach zwei großartigen gemeinsamen Wochen.



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