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  • AutorenbildSophie

Pause machen

Auf einer Reise von einem Ort zum anderen lässt man Alltag und Gewohnheiten hinter sich zurück, man sieht und erlebt ständig neues, man nimmt unzählige Informationen auf, man strengt sich an.

Ja, man strengt sich an, denn man muss suchen – Orte, Wege, Cafés; man muss lernen – Sprachen, Schriftzeichen, Umgangsformen; man muss aufnehmen – Gerüche, Geräusche, Geschichten. Man muss das alles erleben, muss wach sein, wenn man sich ins Neue begibt und wenn man etwas Ruhe hat, dann muss man das alles einordnen, hin und herwenden, erinnern und verknüpfen. Man muss es verdauen, verstoffwechseln, wenn man möchte, dass es am Ende ein Teil von einem selbst wird.


Und so wie ich das Reisen verstehe, sollte das ja das Ziel sein. Worin bestünde der Sinn einer Reise, auf der man nichts lernt und sich nicht zumindest ein wenig verändert?


Hin und wieder benötigt man also Zeit, um das Erlebte einordnen zu können und Ruhe, um sich von der Anstrengung zu erholen. Gönnt man sich beides nicht, dann spürt man schnell, dass man nicht mehr aufnahmefähig ist. Bloß nicht schon wieder ins Museum! Der neue Strand sagt einem nichts. Keine Lust auf Essen gehen. Können wir nicht einfach zu Hause bleiben?


Reisemüdigkeit


Leute, die lange gereist sind, haben uns von solchen Momenten erzählt und jetzt erleben wir sie selbst. Nach mehreren Woche ständigem Input, ständiger Abwechslung, häufigen Ortswechseln mit kulturellem, historischem, kulinarischen und landschaftlichem Overload wollen wir einfach nur da sitzen. Das Schöne an unserer Reise: Wir können das auch. Wir haben kein Ziel, wir haben keinen Plan und daher haben wir die Zeit, überall so lange herumzusitzen und ins Leere zu starren wie es uns gefällt.



Der Luxus hier am Pilion besteht nun natürlich darin, dass wir statt ins Leere den lieben langen Tag aufs Meer starren dürfen. Und damit wir nicht völlig einrosten, hat es das Schicksal so eingerichtet, dass wir die Bedürfnisse von 3-4 hier ansässigen Katzen konstant zu befriedigen haben. Dazu kommen dann gelegentlich noch diverse weitere Katzen und Hunde, die uns in der Umgebung begegnen oder uns direkt aufsuchen. Diese Aufgaben nehmen wir ernst und haben bald schon drei 15-Kilo Säcke Brekkies in hungrigen Mäulchen versenkt.


Unsere ständigen Mitbewohner, konstant in Erwartung der nächsten Fütterung.

Gelegentliche Besucher und andere Begegnungen. You never eat alone.

Währenddessen besteht unsere einzige intellektuelle Aufgabe darin, mit Hilfe einer App Griechisch zu lernen, was uns vollständig überfordert.

Eine typische Szene aus unserem Leben sieht folgendermaßen aus: Wir sitzen auf der Terrasse am Tisch und versuchen unseren griechischen Joghurt mit Honig und Nüssen zu verzehren ohne dass eine der Katzen auf den Tisch springt um sich selbst zu bedienen. Währenddessen fragt uns die App, was denn „heute Abend“ auf Griechisch heißt, oder „Hund“ oder „Wo ist die Toilette?“ (die Antworten: „Απόψε (Apopse) – Geh da weg!“; „Σκύλος (Skylos) – Neeiiiin!“ und „Πού είναι – Aua - η τουαλέτα? (Pu ine i toaleta?) – oh Mann, jetzt hat er die Wurst“). Immer wieder schön, unsere Antworten von der App vorgespielt zu bekommen.



Positive Entwicklungen


Seit neuestem gibt es dann noch einen weiteren, ausgesprochen überzeugenden Grund, uns hier eine Weile abzusondern: Lutz hustete und schnupfte zwei Tage so nachdrücklich, dass wir einen unserer mitgebrachten Covid-Tests nutzten. Et voilá: Er war positiv!


Wo könnte man sich besser isolieren als hier? Das Haus steht vereinzelt auf einem Grundstück an der Küste, der nächste Orte ist zu Fuß ca. 10 Minuten entfernt, in die Gegenrichtung kann man 30 Minuten außerhalb jeglicher Ortschaft am Meer entlang spazieren. Jetzt wird also Tee gekocht, gehustet, Griechisch gelernt, gehustet, Katzen gefüttert, gehustet, aufs Meer gestarrt, geniest und am Abend wird Feuer gemacht und die Mediathek leergestreamt.


Mal sehen, wie lange die Heimsuchung andauert, nachdem wir doch so heldenhaft unsere dritte Impfung erstritten haben. Mir geht´s (noch) bestens. Lutz spendet allerdings momentan genügend Aerosole, um eine Kleinstadt zu infizieren. Es bleibt also spannend.



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