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  • AutorenbildLutz

Schlepperei, Sturheit und Strand

Auf das Rad steigen und mit Leichtigkeit wenige Minuten bis zum Strand rollen. Dabei Sonne im Gesicht und eventuell noch ein Surfboard dabei.

Das war die Vision, als ich mich entschloss vor ca. zwei Jahren ein Fahrrad zu kaufen. Es sollte nicht schnell fahren, sondern nur bequem und schön sein.


Da nun klar wurde, dass es uns für eine Weile nach Fuerteventura verschlägt, war es an der Zeit, eine unvernünftige Entscheidung zu treffen. Das Rad sollte in sein natürliches Habitat überführt werden. Also von Deutschland nach Fuerteventura. Wie im letzten Artikel erzählt war ich (Lutz) bereits in Deutschland und musste mich nun ebenfalls dorthin transportieren. Da erschien es mir logisch das Rad direkt mitzunehmen.


Vorausschauend fragte ich bereits bei der Ankunft in Frankfurt (zwei Wochen im Voraus) das Lufthansa-Personal. Einen Karton mit dieser Größe und Gewicht könne ich beim Check-in noch aufgeben. Preislich mache das keinen Unterschied.

Super! Der Plan stand.


Ein Fahrradladen in Freiburg sagte mir zu, das Rad flugtauglich zu verpacken.

Ich würde dann bequem mit dem Reisebus und meinem Gepäck zum Frankfurter Flughafen fahren und dort das Fahrrad aufgeben. Auf Fuerteventura wären dann die letzten Kilometer per Mietwagen kein Problem. Geplant, gebucht!


Der Fahrradladen


"Für 20€ verpacke ich dir das Fahrrad flugtauglich." Das war die Zusage. Also brachte ich mein Fahrrad zum Laden und kam am Abend wieder.

Was ich vorfand, war nicht nur nicht flugtauglich, sondern nicht einmal wirklich transportfähig. Die Renovierung des Ladens schien die Herren dort so überfordert zu haben, dass sie nicht verstanden, warum ich unzufrieden war.



Zum Glück ging noch etwas anderes schief. Denn der Reisebus verweigerte mir die Mitnahme. So musste ich spontan auf einen Zug umbuchen, der erst vier Stunden später fuhr. Genügend Zeit also, um am Bahnhof Verbesserungen vorzunehmen.


Nun befreit von Fahrradschläuchen und offenen Stellen, warteten der Karton und ich stundenlang auf die Abfahrt. Zum Glück half mir jemand beim Einräumen des Fahrradkartons in den Zug. Auch der Rest der Zugfahrt verlief ohne Probleme.



















Und am Flughafen gab es für den Riesenkarton einen fahrbaren Untersatz.

Man beachte die Relation zu dem 80l Rucksack.


Die Lufthansa


Nun rollte ich mit meinem Hochhaus zum Check-in-Schalter. Hier verkündete man mir, dass ich das Rad vorher selbstverständlich hätte anmelden müssen. Was?

Man teilte mir kühl mit, dass ich falsch beraten wurde und da jetzt nichts mehr zu machen sei. Mit halbherzigen Abklärungen versuchte die Teamleiterin noch mein Gemüht zu beruhigen. Jedoch siegte die Verachtung für meine Situation schnell.

Ich solle das Rad dann eben hier lassen. Was soll ich?

Auch den Vorschlag, doch einfach in ein paar Tagen nochmal mit dem angemeldetem Rad zu fliegen, hat mich wenig begeistert. Denn dann hätte ein neuer Flug gebucht werden müssen.


Die Schutzengel


Ein Mitarbeiter der Lufthansa hatte dann Erbarmen. Ein lebenserfahrener Herr, der das Team davon überzeugen konnte, sich der Sachen annehmen zu dürfen. Auch er scheiterte leider nach 15 Minuten am Telefon daran, mein Fahrrad anzumelden. Jedoch wies er mich darauf hin, dass es im Keller des Flughafens einen Lagerservice für Gepäck gibt. Er begleitete mich sogar und half mir beim Schleppen. Dank ihm konnte das Fahrrad immerhin vor der Verschrottung bewahrt werden.


Während dem Transit in Zürich teilte ich meinen Eltern mit, was passiert war. Lydia und Jürgen wurden zu weiteren Rettern in der Not. Sie nahmen es auf sich, 1 1/2 Stunden nach Frankfurt zu fahren, um mein Fahrrad zu befreien.

So war das Rad zumindest in guten Händen. Weit weg von der Lufthansa, aber leider auch weit weg von mir.


Der Traum vom Radeln zum Strand schien nun in weiter Ferne. Angekommen auf Fuerteventura teilte mir Lydia jedoch mit, dass man das Rad für 100€ bequem per Post versenden kann.

Das hat doch einen Haken oder? Nein, tatsächlich nicht!

Lydia verbesserte noch einmal mein schwaches Klebeband-Kunstwerk und fuhr das Paket mit der Schubkarre (!) zur Post.

Drei Tage später war das Rad per DHL unterwegs.


Eine kompetente Postbotin


Da wir auf Fuerteventura zur Anfangszeit keinen festen Wohnsitz hatten, ging die Lieferung natürlich prompt an eine Adresse, bei der wir nicht mehr wohnten. Als die Nachricht der vergeblichen Zustellung mich erreichte, hatte ich sofort Mitleid mit dem armen Postboten. Diesen musste ich nun irgendwie ausfindig machen. Aber wie?


Ein paar Tage später gab eine Postbotin bei mir zwei Pakete für jemand anderen ab.

Als sie nach meinem Namen fragte, verdunkelten sich ihre Gesichtszüge. Ihre Augen fixierten mich wie in einem Schraubstock. Nach drei Sekunden grachte sie die ersten Worte heraus: "Lutz...? YOU ARE LUTZ...??" Ein Nicken meinerseits und eine gemeinsame Atempause später dann: "I HAVE A PACKAGE FOR YOU... IT`S VERY HEAVY!"


Nachdem sich der Schock für uns beide gelegt hatte, wurde mir erklärt, dass wir das Rad an der Poststation im Ort abholen könnten. Denn sie wolle es nicht nochmals erfolglos ausliefern.

Gesagt, getan. Sophie und ich stapften also noch am gleichen Tag zur Post. Gegen eine Packung Pralinen lösten wir das ersehnte Fahrrad ein.


Das Happy End


Bis auf ein fehlendes Pedal, das wohl bis heute irgendwo im Freiburger Fahrradladen herumliegt, nun wohlbehalten angekommen, konnte das Fahrrad innerhalb weniger Tage wieder flott gemacht werden,

Nun ist das Rad dort wo es hingehört. Fast täglich fahre ich damit voller Freude die Küste entlang. Mit jeder schönen Fahrt erscheinen die nervigen Momente kleiner und kleiner.


Und wenn es nicht gestohlen wurde, dann radelt es noch heute.


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