Sophie
Von der Wüste in die Tropen
Dubai
Dubai macht es dem Besucher erst einmal sehr einfach. Der Flug mit Emirates ist angenehm, man darf sich allerdings etwas über das Sicherheitsvideo wundern, wo Turbanmännchen und Frauen mit Battoulah, einer metallenen Gesichtsmaske, den Fluggästen demonstrieren, wie man sich an Bord verhalten sollte.


Der Flughafen ist ein gigantischer tiefgekühlter halbtransparenter Wurm, durch den wir morgens um vier Uhr auf Laufbändern eilen und den wir tatsächlich auch recht unproblematisch in unserer Transitzeit vor dem Weiterflug verlassen dürfen, um die Stadt zu erkunden. Wir haben knapp 24 Stunden Zeit dafür, aber erst einmal wollen wir schlafen.

Unser Hotel können wir vom Terminal aus bereits sehen, aber es zu Fuß zu erreichen wäre in dieser Stadt undenkbar. Zum einen hat es locker 40 Grad, und das nachts um vier Uhr. Zum anderen gibt es keine Gehwege und mehrspurige Highways trennen den Flughafen von den benachbarten Straßen. Für eine Distanz von vielleicht 500 Metern Luftlinie fahren wir mit einem Shuttle-Bus etwa 15 Minuten: Auf den Highway, ein Stück entlang stadtauswärts, dann zur Ausfahrt, Schleife in die Gegenrichtung, wieder zurück auf dem Highway, wieder zur Ausfahrt, dann ein gutes Stück wieder zurück in dem Wohnviertel gegenüber dem Flughafen, angekommen. Dankbar fallen wir ins Bett um ein paar Stunden Schlaf nachzuholen.
Stadt der Superlative
Dubai drängt sich einem mit diversen Superlativen auf. Es ist die größte Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate und gehört zu den meistbesuchten Städten der Welt – vermutlich eben auch wegen des Flughafens, der der drittgrößte nach Passagieraufkommen ist. Hier stehen nicht nur die meisten Wolkenkratzer über 300 Metern Höhe sondern auch das höchste Gebäude der Welt (Burj Khalifa, 828 Meter). Die Saudis waren mit ihrem Jeddah Tower mit geplanten 1007 Metern Dubai auf den Fersen bis der Bau 2018 eingestellt und bislang nicht wieder aufgenommen wurde, ansonsten ist hier keine Konkurrenz in Sicht.
Im frühen 19. Jahrhundert war Dubai ein Fischerdorf mit 800 Einwohnern, man fischte nach Perlen. Später konzentrierte man sich auf den Handel zwischen Europa und Asien, was immerhin schon einmal dazu führte, dass man sich ab 1961 Elektrizität und ab 1968 zuverlässig fließendes Wasser leisten konnte. 1966 wurde dann erstmals Öl gefunden und gefördert und damit waren die mageren Jahre definitiv vorbei. Das große Geld wurde klug eingesetzt, man baute See- und Flughäfen und errichtete Freihandelszonen – heute lebt der Stadtstaat nicht mehr vom Öl und der Reichtum trieft ihm aus allen Poren.
Eine Viertelmillion Arbeitsmigranten aus Asien hält den Laden am Laufen, allerdings unter unbeschreiblichen Bedingungen. Gerne wird den Arbeitern der Pass abgenommen und der Lohn nicht ausgezahlt, eine Ausreise ist ohne Pass natürlich unmöglich, Gewerkschaften und freie Meinungsäußerung sind ohnehin verboten, wer protestiert oder einfach nur nicht zur Arbeit erscheint, der landet schnell im Gefängnis. Klingt das nicht auch rekordverdächtig? Ein Negativrekord für diese rekordverwöhnte Stadt, in der 99% der Einwohner Ausländer sind und für das reiche eine Prozent der ursprünglichen Bevölkerung faktisch Sklavenarbeit leisten.
Ich denke an die vielen Arbeitssklaven, als wir mit dem Taxi (der Taxifahrer ist natürlich auch Inder) Richtung Innenstadt fahren. Unser Ziel ist die Dubai Mall, die sich direkt an den Burj Khalifa anschließt. Vom Highway aus sehen wir schon von Weitem diese riesige Nadel, die in der diesigen Luft aus dem grauen Einerlei der Hochhäuser aufragt.


In der Dubai Mall
Natürlich ist die Dubai Mall eine der größten Shopping Malls der Welt, was auch sonst. Hier gibt es hunderte Läden in verschiedenen Themenwelten, Multiplex-Kinos, ein Aquarium, eine riesige VR-Kunstinstallation, eine Eislaufbahn und sogar einen Dinosaurier, 155 Millionen Jahre alt und extra eingeflogen aus den USA.









Im Supermarkt im Untergeschoss gibt es einfach alles, was man sich nur vorstellen kann, daher bin ich so mutig und kaufe eine Brezel. Seit acht Monaten habe ich keine mehr gegessen. Diese hier ist allerdings leider gummiartig. Apropos Essen: natürlich gibt es auch einen Food Court im Shopping-Palast und ich stürze mich begeistert auf das leckere indische Essen. Die deutsche Küche ist hier sogar ebenfalls vertreten – mit deutschem Döner.





Hatte ich erwähnt, dass es an diesem Tag etwa 45 Grad hatte? Dazu ist die Luftfeuchtigkeit in Dubai erstaunlich hoch für eine Wüste. Tritt man hinaus aus der arktisch gekühlten Mall, dann wird man von der tatsächlichen Temperatur einfach erschlagen. Aber wir wollen den Burj Khalifa sehen, und glücklicherweise ist das auch nicht schwer, denn zum einen ist das Gebäude ja bekanntlich riesig, zum anderen steht es direkt gegenüber der Dubai Mall.

Man kann also hinaustreten in die feuchtheiße Vorhölle und ein paar Schritt zu dem großen Wasserbecken machen, über dem sich der Burj erhebt. Im Wasser steht eine Kette von voll angezogenen asiatischen Arbeitern und säubert das Becken. Tatsächlich wäre ich momentan auch lieber im als am Wasserbecken, nach ein paar Schritten draußen kehre ich zurück in die kühle Mall. Lutz macht noch den Versuch, das Becken zu umrunden, scheitert aber daran. Für Fußgänger ist auch dieser Teil der Stadt weder gedacht noch gemacht.



Wir wollen in der Mall nichts kaufen und gegessen haben wir schon, Schlittschuhlaufen erscheint uns ebenfalls wenig attraktiv, also verlassen wir diese kommerzielle Kunstwelt wieder und machen uns bereit für die nächste Etappe. Kurz nach Mitternacht lungern wir wieder am Flughafen in bequemen Liegestühlen herum und warten auf unseren Abflug nach Thailand.

